Das Dry Needling ist eine wirkungsvolle, aber relativ neue Methode unter Einsatz von sterilen Akupunkturnadeln, mit der ergänzend zu manuellen Therapien Schmerzsyndrome in der physiotherapeutischen Praxis behandelt werden. Dry Needling wird zur Behandlung bei myofaszialen Triggerpunktsymptomatiken und Funktionsstörungen eingesetzt. Ricky Weissmann, Geschäftsführer der Physiotherapie Neuhof in Bülach, war massgeblich an der Entwicklung und Verbreitung des Dry Needlings beteiligt und hat sich als Präsident des Dry Needling Verbands Schweiz (DVS) für dessen Bewilligung als physiotherapeutische Massnahme in der Schweiz erfolgreich eingesetzt.
Bei Triggerpunkten handelt es sich um verspannte
Bündel von Muskelfasern, die sich als deutliche Verhärtungen in der
Muskulatur ausmachen lassen. Akute Triggerpunkte sind ein häufiger Grund
für viele chronische Schmerzen wie Rückenbeschwerden oder
Beweglichkeitseinschränkungen.
Sie entstehen u.a. durch ständig und einseitig
angespannte Muskeln, zum Beispiel durch die gleichförmige, statische
Haltung an Computerarbeitsplätzen oder monotone, repetitiven Bewegungen.
Es kommt an diesen Stellen zu einer mangelhaften Versorgung und
Durchblutung des Muskels. Der Triggerpunkt beginnt Schmerzen
auszustrahlen (zu triggern) und/oder den Muskel in seiner Funktion
einzuschränken. Hier setzt die Dry Needling-Therapie an.
Beim Dry Needling wird eine dünne, sterile Einwegakupunkturnadel direkt
in den Triggerpunkt gestochen. Der Stich ist für die Patientinnen und
Patienten oft kaum spürbar. Es handelt sich beim Dry Needling aber um
keine Akupunkturanwendung. Mit den Nadeln werden nur die gleichen
Werkzeuge verwendet.
Im Gegensatz zu anderen Behandlungsansätzen wird
beim Dry Needling kein Medikament injiziert, also trocken gearbeitet.
Daher der Name Dry Needling – trockenes Nadeln. Denn Studien haben
ergeben, dass nicht das Medikament, sondern der präzise geführte Stich
die Beschwerden gelindert haben. Das Dry Needling löst eine kurze, aber
heftige Kontraktion der betroffenen Muskelfasern aus. Diese sogenannte
Zuckungsantwort kann von einigen Patientinnen und Patienten als
unangenehm empfunden werden während dem sie für andere als
erlösend/befreiend beschrieben wird. Sie ist aber ausschlaggebend für
einen effektiveren Behandlungserfolg.
Dry Needling löst die Verkrampfung der Muskeln,
verbessert die lokale Durchblutung und damit den Stoffwechsel, wodurch
die lokalen Entzündungsreaktionen abklingen. Neuere Studien belegen auch
den positiven Einfluss von Dry Needling auf die Faszien.
Das Dry Needling ist eine relativ neue Form der Therapie von
Triggerpunkten, die von Christian Gröbli und Ricky Weissmann 1996
eingeführt wurde und seither weltweit unterrichtet wird. Dry Needling
findet seine Anwendung unter anderem in der Schmerztherapie,
Sportphysiotherapie und orthopädischen Rehabilitation.
2011 wurde das Dry Needling von der Konferenz
der schweizerischen Gesundheitsdirektoren (GDK) als physiotherapeutische
Massnahme anerkannt. Die kantonal zugelassenen Physiotherapeutinnen und
Physiotherapeuten dürfen nun ihre Patientinnen und Patienten mit Dry
Needling behandeln. Voraussetzung dafür ist der erfolgreiche Abschluss
einer entsprechenden Dry-Needling-Ausbildung, zum Beispiel beim Dry
Needling Verband Schweiz (DVS). Seine Standards hat der Verband in den
„Schweizerischen Richtlinien für sicheres Dry Needling" festgelegt.
Die
Indikation der IMS ist die Behandlung von Triggerpunkten. Die
Indikation der SAS ist weiter gefasst: Triggerpunkte,
Ansatztendopathien, Narbenschmerzen und andere Schmerzen des
Bewegungsapparates. Zu den Kontraindikationen gehören: Blutverdünnung,
lokale Hautirritationen, Lymphödeme, mangelnde Compliance des Patienten,
Hämatom, reduzierter Allgemeinzustand.
Wenn Dry Needling fachgerecht, von geschultem medizinischen Personal, mit überdurchschnittlich guten dreidimensionalen, topographischen Anatomiekenntnissen und unter Beachtung der Kontraindikationen und Hygienekriterien angewendet wird, dann ist Dry Needling eine sichere, komplikationsarme manualtherapeutische Maßnahme. Zu den möglichen harmlosen Komplikationen gehören ein kleines lokales Hämatom, ein muskelkaterähnlicher Nachbehandlungsschmerz, welcher 3–5 Tage andauern kann und sehr selten vegetative Reaktionen. Bei unsachgemäßer Anwendung kann es zu folgenden ernsten Komplikationen kommen: Pneumothorax, Verletzungen anderer innerer Organe, Verletzungen von Nerven und Gefäßen und Infektionen.